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Die Begriffe Zero Waste und Circular Economy sind nicht unbedingt selbsterklärend und spätestens dann, wenn ich mich außerhalb der eigenen Bubble bewege, werde ich gefragt, was das eigentlich bedeuten soll und was ich da mit circulatemore genau berate bzw. unterstütze. Also Fragen von Freunden, Familie aber auch von Menschen aus Wirtschaft, Kommunen und Organisationen. Deshalb habe ich in meinem ersten Blogartikel mal zusammengetragen, was eigentlich hinter den Begriffen steckt. Hier erfährst Du die grundlegenden Antworten zu folgenden Fragen und Aspekten:
1) Zero Waste - die Idee: Was steckt eigentlich hinter dem Begriff?
2) Zero Waste als Bewegung
3) Zero Waste als strategischer Ansatz
4) Zero Waste Abfallhierarchie - Leitplanken für die Abfallvermeidung
5) Zero Waste und Circular Economy - Ist das nicht irgendwie das Gleiche nur anders?
Los geht es mit der Idee hinter dem Begriff.
Zero Waste – die Idee: Was steckt eigentlich hinter dem Begriff?
Die Idee von Zero Waste ist so bezeichnend wie einleuchtend. Es geht darum Null Abfall zu erzeugen. Das klingt ambitioniert und die „Null“ ist in vielen Fällen eher als Wegweiser denn als endgültiges Ziel zu verstehen. Bei Zero Waste geht in erster Linie darum, weniger Abfälle zu produzieren. Wobei „produzieren“ irreführend ist. Abfall wird ja eben gerade nicht absichtlich produziert also „hergestellt“, sondern entsteht als ungewolltes Überbleibsel beim täglichen Tun, beim Verzehr, bei der Produktion, dem Versand und Verkauf, bei der Erzeugung von Energie und Trinkwasser, beim Transport und in vielen weiteren Prozessen. Abfall hat keinen unmittelbaren Verwendungszweck - diejenigen bei denen der Abfall anfällt, möchten ihn möglichst schnell loswerden. Abfälle müssen gesammelt, abgeholt, gelagert, sortiert und dann recycelt, verbrannt oder in Deponien entsorgt werden. Das benötigt eine komplexe Logistik mit viel Transport und Technologien und verbraucht Treibstoff, Fläche und Energie. Es werden Klimagase wie Kohlendioxid und Methan aber auch Staub und andere Emissionen freigesetzt. Abfall belastet die Umwelt auch direkt, indem Müll unkontrolliert in die Natur und Gewässer gelangt und schwer abbaubare Materialien, wie z.B. Kunststoffe dort über lange Zeit verbleiben. Keinen Abfall zu erzeugen spart deshalb Unmengen Energie, reduziert Emissionen und belastet die Umwelt weniger. Noch weiter gedacht werden: Es werden Rohstoffe und Materialien gespart, indem Produkte länger genutzt werden, also dem Nutzungskreislauf erhalten bleiben und nicht zu Abfall werden. Zero Waste spart also bis zu einem gewissen Grad auch die Produktion neuer Güter und somit auch hier Ressourcen, Energie und Emissionen.
Der beste Abfall ist also der, der gar nicht erst entsteht. Soweit die Logik hinter der Zero Waste Idee.
Wer den Begriff Zero Waste als Erstes genutzt hat, ist nicht ganz geklärt. Unumstritten ist aber, dass er aus den USA kommt, genauer aus Kalifornien. Hier gab es bereits in den 1970ern eine Firma mit dem Namen Zero Waste Systems, die das Ziel hatte, Abfälle in Laboren zu minimieren. Der Inhaber, Paul Palmer, gründete dann auch ein Zero Waste Institute. Verschiedene Städte in den USA haben die Bezeichnung Zero Waste aufgegriffen, um abfallwirtschaftliche Ziele für ihre Stadt festzulegen. Allen voran San Francisco. Dabei ging es zunächst eher darum, weniger Abfall zu deponieren. Salonfähig gemacht wurde der Begriff Zero Waste durch die Umweltaktivistin und Autorin Béa Johnson, ebenfalls aus Kalifornien, die Zero Waste als Lebensstil für sich und ihre Familie praktiziert, seit 2008 den ersten Blog zum Thema Zero Waste betreibt und 2013 den ersten Zero Waste Ratgeber veröffentlichte, der in 28 Sprachen übersetzt wurde.
Eine gute deutsche Übersetzung des Begriffes hat sich nicht durchgesetzt und auch hierzulande der englische Begriff verwendet. In anderen Bereichen hat sich das mit der „Null“ in Deutsch durchgesetzt, z.B. Null-Energiehaus oder Null-Schadstoffenergie. Begriffe wie Null-Abfallziel oder Null-Abfallstrategie sind allerdings weniger verbreitet. Bleiben wir also bei Zero Waste. Im Zweifelsfall sind dann ein paar Worte der Erklärung notwendig.
Zero Waste als Bewegung
Seit dem neuen Jahrtausend hat sich das Interesse an und die Aktivitäten rund um Zero Waste rasant entwickelt. Zero Waste ist für viele Menschen Lebensstil, Philosophie und persönliche Einstellung und es gibt mittlerweile eine große Anzahl an Blogs und Ratgebern, wie Zero Waste im täglichen Leben praktiziert werden kann, z.B. . Es geht dabei um Abfallvermeidung beim täglichen Konsum, der Ernährung, Bekleidung, Wohnen, Körperpflege und Hygiene – um mal die Themen zu nennen, die in der Zero Waste Community am meisten diskutiert werden. Es geht viel um verpackungsfreies Einkaufen, ums selber machen anstatt fertig kaufen, ums reparieren und pflegen, auch um upcycling und Zweit- bzw. Mehrfachnutzung.
Das Leitbild Zero Waste wird aber auch von Institutionen, Schulen, Städten und Kommunen oder öffentlichen Einrichtungen aufgegriffen. Sie stellen sich entsprechende Abfallreduktionsziele und motivieren ihre Zielgruppen, bewusster zu konsumieren, Produkte in der Nutzung zu halten und Abfälle zu vermeiden. Es haben sich Zero Waste Vereine und Allianzen auf internationaler, europäischer Länder- und Städteebene gegründet, mit dem Ziel das Konzept Zero Waste in Politik, Zivilgesellschaft, Unternehmen und Haushalten voran zu bringen und Zero Waste Projekte zu initiieren und zu unterstützen. Man kann daher ruhig behaupten, dass sich Zero Waste von einer Leitidee zu einer regelrechte Bewegung entwickelt hat. Aber ob Idee, Bewegung oder Philosophie – das ist dann vielleicht auch einfach eine Definitionsfrage. Fakt ist, dass sich die Leitidee null Abfall zu generieren hervorragend in eine Strategie überführen lässt: Abfall systematisch im eigenen Umfeld und Wirkungskreis soweit es geht zu minimieren.
Zero Waste als strategischer Ansatz
Die Erarbeitung einer Zero Waste Strategie besteht eigentlich immer aus vier Bausteinen und ist im Grundsatz für Unternehmen, Kommunen und Institutionen gleich: Zuerst wird der Status quo angeschaut, anschließend Ziele formuliert, deren Umsetzung in einen Abfallvermeidungsplan oder eine Roadmap festgehalten werden und dann kommt der wichtigste Schritt, die Umsetzung.
Status quo anschauen
Ziel im ersten Schritt ist es zu verstehen, was eigentlich für Abfälle anfallen und wo. Folgende Fragen sind dabei leitend:
- Welche Abfälle fallen an, in welchen Mengen und mit welchen Eigenschaften?
- In welchen Prozessen und Abläufen fallen die Abfälle an?
- Wie werden sie derzeit gesammelt und entsorgt?
Die Ergebnisse werden meist in Tabellen, Übersichten und Grafen festgehalten. Ziel ist es zu ermitteln wo große Mengen Abfall anfallen, die derzeit entsorgt werden oder auch solche Abfälle, die besonders kritisch sind, weil sie z.B. toxische, schlecht abbaubare oder krebserregende Stoffe beinhalten.
Ziele formulieren
Sich direkt das Ziel „null Abfall“ zu setzen kann ja eher abschreckend und überfordernd sein (weil „eh nicht erreichbar“). Aufgabe ist es deshalb ambitionierte aber realistische Reduktionsziele auf verschiedenen Ebenen zu definieren, z.B. indem man sich verschiedene Abfallkategorien vornimmt (Papier, Verpackungen, besonders gefährliche Abfälle oder Restmüll). Generell geht es auch darum vor allen den Abfall zu reduzieren, der derzeit noch nicht weiter verwertet oder recycelt werden können. Reduktionsziele sollten eine zeitliche Komponenten einbeziehen (kurz-, mittel-, langfristig) und letztendlich auch auf die Umsetzbarkeit schauen, also darauf wie groß der Aufwand, die Umstellung oder der Umsetzungsaufwand ungefähr ist, um diesen Abfall zu reduzieren.
Plan erstellen
Eine gute Planung kann helfen, den Überblick über die Potentiale zur Abfallvermeidung zu behalten. Folgende Fragen können für einen Abfallvermeidungsplan leitend sein:
- Mit welchen Aktivitäten können welche Abfallarten adressiert werden?
- Was und wen braucht es dazu?
- Auf welche bestehende Prozesse, Aktivitäten und Initiativen kann man gut aufsetzen?
- Was ist schnell und unkompliziert umsetzbar?
Wichtiger als eine gute Planung allerdings ist der nächste Schritt: die Umsetzung. Hier ist die Devise - Zielstellung und Planung hin oder her - einfach mal loszulegen! Denn die Erfahrung aus Unternehmen, Kommunen und Initiativen zeigt: Wer sich einmal auf den Zero Waste Weg begeben hat, dem kommen auch immer weiter gute Ideen und Ansatzpunkte für Projekte und Initiativen.
In die Umsetzung kommen
Bei der Umsetzung ist es essentiell, die verschiedenste Akteur:innen gut mit einzubinden, also im Unternehmen z.B. Mitarbeiter:innen aus verschiedenen Abteilungen und bei Kommunen eine breite Vertretung der Zivilgesellschaft. Verschiedene Perspektiven aufs Thema helfen definitiv weiter, um das Thema Abfallvermeidung breit anzugehen.
Wenn Ihr die Umsetzung in eine Zero Waste Strategie oder einzelne Projekte und Aktivitäten starten wollt, bildet das grundlegende Modell für Zero Waste – die Zero Waste Abfallhierarchie – eine gute Leitplanke.
Zero Waste Abfallhierarchie - Leitplanken für die Abfallvermeidung
Das grundlegende Prinzip für Zero Waste ist ein Prioritätenmodell und spezifiziert die Abfallhierarchie im Sinne von Zero Waste. Die Zero Waste Abfallhierarchie enthält fünf Schritte, wie mit Abfall umzugehen ist, geordnet nach ihrer Priorität:
Refuse, also die originäre Vermeidung von Abfall hat Priorität. Abfälle sollen gar nicht erst entstehen. Klingt simpel, erfordert aber in der Realität ein grundlegendes Umdenken bei Produzent:innen und Konsument:innen.
Reduce steht an zweiter Stelle der Hierarchie und bedeutet die Minimierung auf das Erforderliche. Prinzipiell soll alles weggelassen werden, was nicht wirklich notwendig ist. Das kann dann wiederum auf den eigenen Lebensstil, auf Produkte, Verpackungen und ganze Prozesse bezogen werden.
Reuse, also Wiederverwendung folgt. Reparieren, runderneuern, secondhand verkaufen oder verschenken, die Umnutzung von Gebrauchtgegenständen und -materialien, Mehrweg und Ressourcen und Abfällen in mehreren Stufen (Kaskaden) zu nutzen sind hier die Stichwörter. Im wirtschaftlichen Kontext geht es bei reuse vor allem um den Aufbau von Strukturen, um genutzte Produkte zurück zu führen (Stichwort reverse logistics) zu reinigen oder zu reparieren, um sie dann wieder in den Wirtschaftskreislauf zu bringen.
Recycle steht gemeinsam mit Rot (Kompostieren) auf der untersten Stufe der Zero Waste Hierarchie. Materialien werden wieder zu Materialien aufbereitet, um eine gleiche, oft aber auch eine andere Nutzung zu ermöglichen. Beim Recycling werden immer auch neue Rohstoffe benötigt. Denn hundertprozentiges Recycling ist selten möglich und im Recyclingprozess wird Energie benötigt.
Rot, also kompostieren steht zusammen mit Recycling auf der untersten Stufe der Zero Waste Hierarchie. Materialien werden hier nicht wie beim Recycling in den technischen Kreislauf zurückgeführt, sondern in den biologischen. Das setzt voraus, dass sich das verwendete Material im Kompostierprozess biologisch vollständig abbaut.
Weitere abfallwirtschaftliche Methoden insbesondere die Wiederverwertung, z.B. wenn Bauabfälle in Gruben verfüllt werden, die Abfallverbrennung und die Deponierung sind nicht Teil der Zero Waste Hierarchie. Sie sollten nach der Zero Waste Logik möglichst vermieden werden.
Zero Waste und Circular Economy – Ist das nicht irgendwie das Gleiche?
Zero Waste und Circular Economy sind generell beides Ansätze, um möglichst wenige Abfälle zu produzieren und Produkte im Nutzungskreislauf zu halten. Beides sind Ansätze, Ressourcen weniger verschwenderisch einzusetzen, nachhaltig zu wirtschaften und letztendlich Treibhausgase zu reduzieren. Aber während Zero Waste die Richtung bzw. das Ziel vorgibt, eben „Null Abfall“, umfasst Circular Economy eher wirtschaftliche Ansätze und Business Modelle, wie dieses Ziel letztendlich erreicht werden kann. Das grundlegende Prinzip für Zero Waste ist dann auch ein Prioritätenmodell und spezifiziert die Abfallhierarchie im Sinne von Zero Waste mit den fünf Vorgaben, wie mit Abfall umzugehen ist (refuse, reduce, reuse, recycle, rot – wie oben beschrieben).
Die Circular Economy beruht laut Ellen MacArthur Foundation – in Europa die bekannteste Institution, die das Thema in den letzten Jahren bearbeitet hat, um es in die Unternehmen zu bringen – auf drei Prinzipien
Design out waste and pollution
Heißt, im Designprozess bereits mitzudenken, was mit einem Produkt nach der Nutzungsphase geschieht und es gar nicht erst zu Abfall werden zu lassen. Heißt auch, möglichst wenige problematische oder giftige Materialien und Stoffe zu verwenden.
Keep products and materials in use
Das bedeutet Produkte möglichst lange in der Nutzungsphase zu belassen. Die Circular Economy schlägt dafür verschiedene Business Modelle vor, zu denen z.B. auch Verleihen statt Besitzen (Leasing), Wartung, Runderneuern (refurbishment), Reparatur, Rückführung und Weiternutzung von Produkten oder Produktteilen gehört oder z.B. dass Produktteile untereinander und mit Schnittstellen kompatibel sind, um sie besser und länger nutzen zu können.
Regenerate natural systems
Das ist wohl das am weitesten gefasst Prinzip. Es bedeutet, dass eine echte Kreislaufwirtschaft auf regenerativen statt fossilen Ressourcen beruht. Und zwar sowohl was die Materialien- als auch die Energienutzung angeht.
Fazit
Zero Waste und Circular Economy fokussieren also das gleiche Ziel: möglichst wenig Abfall, möglichst ungefährlichen und im Zweifelsfall biologisch abbaubaren oder gut recycelbaren Abfall zu produzieren. Das Zero Waste Konzept denkt dabei von Abfall her, also von „hinten im Produktionsprozess“ und arbeitet mehr mit der Zielstellung Abfälle zu vermeiden. Die circular economy zieht das Thema eher im Wirtschaftskontext auf, und arbeitet von „vorne weg“, fängt also z.B. beim Lebenszyklus eines Produktes an. Beide Konzepte lassen sich aber auf den Kontext eines Unternehmens, einer Stadt oder Kommune oder auch auf den persönlichen Lebensstil beziehen.